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Equines Cushing Syndrom

 

Beim equinen Cushing Syndrom handelt es sich um ein Krankheitsbild, welches in der Regel bei älteren (>15 Jahre) Pferden / Ponies auftritt. Das equine Cushing Syndrom wird durch eine langsam fortschreitende tumoröse Entartung der melanotropen Zellen der Pars intermedia der Hypophyse verursacht.

Typische Symptome sind nachfolgend aufgelistet:

· Hirsutismus, Hyperhidrosis

· Hufrehe

· Hyperglykämie (Hyperinsulinämie), Glukosurie, PU/PD

· Muskelabbau

· Lipolyse, Fettumverteilung -> retrobulbäre Fettdepots, Speck-Hals, Weidebauch

· Immunsuppression führt beispielsweise zu gesteigerter Infektanfälligkeit und Verwurmung

· Mineralokortikoide Effekte (Na+-Retention und K+-Verlust), welche zu Ödemen führen

 

Durch die Entartung der melanotropen Zellen wird unkontrolliert Proopiomelanokortin (POMC) gebildet, aus dem Peptide abgespalten werden, z.B. adrenokortikotropes Hormon (ACTH), melanozytenstimulierendes Hormon (MSH) und Beta-Endorphine. Weiterhin kommt es in Folge einer unkontrollierten ACTH-Bildung zur Hypertrophie der Nebennierenrinde, welches wiederum bedingt eine gestörte Sekretion von Cortisol bedingt. Da die entarteten melanotropen Zellen keine Cortisolrezeptoren besitzen, wird auch kein negatives Feedback in der Hypophyse erzeugt, d.h. die ACTH-Bildung kann auf physiologischem Weg nicht unterdrückt werden. In der Hypophyse produzierte Peptide und in der Nebennierenrinde produziertes Cortisol führen zu dem sogenannten Hyperadrenokortizismus, welcher die typischen Cushing-Symptome des Pferdes erklärt.

Eiler et al. konnten 1997 nachweisen, dass die Cortisolkonzentrationen bei Cushing-Pferden signifikant niedriger ist als bei der gesunden Kontrollgruppe. Bereits 1994 veröffentlichten Dybdal et al. dass Cushing Pferde einen aufgehobenen circadianen Rhythmus der Cortisol und ACTH-Sekretion aufweisen.

Eine weitere Folge der Adenombildung in der equinen Pars intermedia ist möglicherweise eine Druckerhöhung auf Hypothalamus und hypothalamo-hypophysäre Verbindungen (Kapillaren, Neurone).

Cortisolwirkungen

 

Cortisol hat zahlreiche Funktionen im Organismus. Als Antagonist von Insulin besteht seine Hauptwirkung in der Förderung der Glukoneogenese (d.h. in der Produktion von Glukose aus Eiweiß oder Fett), welche vorwiegend in der Leber erfolgt. Cortisol bewirkt somit einen Anstieg des Blutzuckerspiegels, fördert außerhalb der Leber die Lipolyse und wirkt katabol auf den Eiweißstoffwechsel. Weiterhin beeinflusst Cortisol das Entzündungsgeschehen und die Immunreaktion im Körper.

 

Klinische Symptome:

· Wichtigstes Symptom ist der gestörte Fellwechsel mit auffällig langem Haarkleid (Hirsutismus) auch im Sommer.

Das Haarkleid macht einen struppigen Eindruck mit welligen Haaren.

· Die diabetogene Wirkung des Cortisols bewirkt eine Hyperglykämie. Der erhöhte Blutzuckerspiegel ist Mitursache für die Symptome

Polydipsie und Polyurie mit Glukosurie. Therapeutische Gaben von Insulin sind aufgrund eines ohnehin erhöhten Insulinspiegels keine Option.

· Die Abnahme der Bemuskelung wird v.a. in der Hinterhand und an der Rückenmuskulatur sichtbar. In Folge kommt es zu

Gewichtsverlust und Ausbildung eines Senkrückens, meist von einem „Weidebauch“ begleitet.

· Umverteilung von Körperfettdepots als supraorbitale Fettpolster und Kammfett („Speck“-Hals)

· Lethargie

· Lahmheiten und Zahnprobleme (z.B. Zahnfissuren) bedingt durch Proteinabbau und Mobilisation von Calcium aus dem Skelett

· Aufgrund der Immunsuppression prägen weiter rezidivierende Infektionen (Hautinfektionen, Zahnvereiterungen, Sinusitis, Bronchopneumonie,

Cystitis,..) sowie verzögerte Wundheilung das klinische Bild.

 

 

Durch die Tumorexpansion können weitere Symptome infolge Kompression der umliegenden Bezirke und Dysfunktion dieser Bereiche entstehen. Durch Druck auf den Hypophysenhinterlappen wird die ADH-Produktion beeinträchtigt, die neben einem erhöhten Blutzuckerspiegels Ursache für eine Polyurie und Polydipsie sein kann.

Bei Kompression des Thermoregulationszentrums des Hypothalamus kommt es zu Hyperhidrosis (vermehrt Schwitzen).

Bei Druck auf das Chiasma opticum kommt es zu Beeinträchtigungen des Sehvermögens durch Druckatrophie des Sehnervs.

 

Diagnostik:

 

Bereits die aufgezählten klinischen Symptome, insbesondere Fellwechselstörungen mit überlangem Haarkleid, lassen die Diagnose equines Cushing Syndrom zu.

Um diese Verdachtsdiagnose zu erhärten nutzt man folgende labordiagnostische Maßnahmen:

 

1. Goldstandard:

  • Übernacht-Dexamethason-Suppressionstest:
  • Entnahme einer Serumprobe zwischen 16:00 und 18:00 Uhr zur Bestimmung des Cortisolbasalwertes.
  • Direkt im Anschluss werden 0,04 mg/kg KGW Dexamethason intramuskulär injiziert.
  • Entnahme der Serumprobe zur Bestimmung der Suppressionswerte erfolgt nach 19-20 Stunden.
  • Beurteilung: Gesunde Pferde werden supprimiert in einen Cortisolbereich von 1 mg/dl und darunter.

 

2. ACTH-Bestimmung:

Die Diagnostik beschränkt sich auf eine einzige Blutprobenentnahme. Schwierigkeit hierbei ist die Notwendigkeit der raschen EDTA-Plasmagewinnung innerhalb von 20 min nach Entnahme durch Zentrifugation und die stetige Aufrechterhaltung der Kühlkette, von der Entnahme bis zum Zentrifugieren. Weiterhin sollte das Plasma gefroren versandt werden, da ACTH im Plasma rapide abgebaut wird.

 

 

Therapie:

Die Therapie erfolgt lebenslang!

Dopaminagonist Pergolid: 1µg / kg / d

Bei dem hier genannten Präparat handelt es sich um einen Wirkstoff aus der Humanmedizin, welcher nicht auf der Postivliste steht. Um das Medikament dennoch anwenden zu können, ist es laut Arzneimittelgesetz zwingend notwendig, das Pferd im Equidenpass als Nicht-Schlachtpferd einzutragen.

Die Dosis kann bei erneut auftretenden Symptome erhöht werden.

Equines Metabolisches Syndrom (EMS):

 

Das Metabolische Syndrom ist eine Erkrankung, die ursprünglich in der Humanmedizin beschrieben wurde und dort bereits als Pandemie betrachtet wird. In der Humanmedizin führt das metabolische Syndrom z.B. zum Herzinfarkt. Beim Pferd wird typischerweise die Hufrehe bzw. die Anfälligkeit für Hufrehe durch das metabolische Syndrom ausgelöst. Es handelt sich um eine Erkrankung des Energie- bzw. Zucker-Stoffwechsels. Im Mittelpunkt steht ein spezielles Fettgewebe, welches als aktive Hormondrüse wirkt und nicht mehr ein passives Speicherorgan darstellt. Die vom Fettgewebe produzierten Hormone werden für die jeweiligen Erkrankungen, in diesem Fall die Hufrehe, verantwortlich gemacht. Beim Mensch handelt es sich um eine endokrine Stoffwechselstörung mit:

Hyperinsulinämie (Insulinresistenz)

Hyperadrenokortizismus kann vorkommen (ECS)

Schilddrüsenunterfunktion kann vorkommen

Diskutierte Ursachen der Adipositas beim Pferd sind:

Unkontrollierte Energiezufuhr

Fehleinschätzung des Bedarfs durch den Besitzer

Genetische Disposition des guten Futterverwerters

Bewegungsmangel

Pathogenese:

 

Die Ausschüttung von Insulin wird vor allem durch einen Anstieg der Plasmakonzentrationen von Glucose, Aminosäuren (v.a. Leucin), Acetacetat und in geringerem Ausmaß von Fettsäuren gefördert. Die Wirkung von Insulin auf die jeweiligen Zielzellen (z.B. Leber, Muskulatur) verändert den Stoffwechselparameter in einer Weise, dass die Stimulation der Insulinausschüttung herabgesetzt wird. Beispielsweise fördert Adrenalin im Stress u.a. durch Hemmung der Insulinausschüttung einen Anstieg der Blutglucosekonzentration.Insulin fördert neben Glukagon die Glykogenbildung in der Leber und senkt u.a. auf diese Weise die Glucosekonzentration im Blut. Es besteht also eine negative Rückkopplung, die den Stoffwechselparameter in bestimmten Grenzen konstant hält.Zusätzlich verbrauchen Nervenzellen z.B. Glucose unabhängig von Insulin. Die Belastbarkeit bzw. Regelbreite eines hormonellen Regelkreises beschreibt die Fähigkeit, maximale Störgrößen zu kompensieren. Sie hängt davon ab, in welchem Ausmaß das Hormon die Leistung eines Organs beeinflussen kann. Sie ist eingeschränkt bei herabgesetzter Hormonempfindlichkeit oder Leistungsfähigkeit des Zielorgans. Störungen treten auf, wenn die Hormonausschüttung inadäquat hoch (Fett = aktive Hormondrüse; hormonproduzierender Tumor) oder für die Erfordernisse zu gering ist (z.B. bei Schädigung der hormonproduzierenden Zellen). Gleichermaßen führt eine gesteigerte oder herabgesetzte Ansprechbarkeit der Zielorgane zu entsprechenden Störungen.

Ein in der Humanmedizin als von excessiven Fettgewebe abgesondertes Hormon ist das Resistin. Es handelt es sich hierbei um ein PeptidhormonM. A. Lazar et al. 2001),, das vom Fettgewebe abgesondert wird ( welches bewirkt, dass Zellen der Organe die Zucker verbrauchen, auf Insulin nicht mehr so gut ansprechen (Insulinresistenz). Das führt dazu, dass Muskulatur und Leber, die Zucker verbrennen würden, weniger Energie bekommen. Dadurch sinkt der Verbrauch. Gleichzeitig bekommt das Fettgewebe quasi exclusiv Zucker, den es als Fett weiter abspeichert. Auf der anderen Seite kommt es zu einem dauerhaft erhöhten Blutglucosespiegel, da wegen der mangelnden Wirkung des Insulins auf die Verbraucherorgane nicht genügend Zucker aus dem Blut genommen werden kann. Insulin, das den Blutglucosespiegel senken sollte, bleibt aufgrund des erhöhten Blutglucosespiegels ebenfalls dauerhaft erhöht. Der Zustand der Insulinresistenz ist erreicht und es beginnt ein Teufelskreislauf, da durch die Insulinresistenz die Verfettung (Ursache der Insulinresistenz) weiter gefördert wird. Hyperglykämie wirkt auf viele Gewebe toxisch (Glucotoxizität) und somit kommt es zu weiteren Schäden. Genauso schädlich ist für viele Gewebe ein dauerhaft erhöhter Insulinspiegel. Es wird diskutiert, dass hauptsächlich die Fehlfunktion des Insulinsystems die klinischen Probleme beim Pferd verursacht. Zusätzlich kann es infolge der Glucotoxizität besonders im Gefäßsystem und hier v.a. an den kleinen Kapillaren zu Schäden kommen, was beim Pferd zur Reheanfälligkeit führt. Man vermutet, dass es aufgrund der gestörten Insulinsensitivität zu einer Glucoseunterversorgung der Zellen der Huflederhaut kommt. Eine andere Theorie beschreibt die entstehenden Gefäßschäden einhergehend mit peripheren Durchblutungsstörungen, welche für eine Reheanfälligkeit verantwortlich sein könnten. Überernährung und Bewegungsmangel führen zur Bildung von krankhaften Fettdepots. Das entstehende Fettgewebe bewirkt über das Peptidhormon Resistin eine Insulinresistenz, welche den Teufelskreislauf fördert und zu weiterer Verfettung führt. Im Gegensatz zum Menschen neigen Pferde nicht dazu Diabetes zu bekommen.Durch die Vorschädigung können weitere Auslösefaktoren, die bei einem gesunden Pferd keine Rehe verursachen (Futterumstellung, geringe Mengen Fruktan, Stress, Kolik,..) einen akuten Reheschub auslösen. Stress entsteht infolge von Schmerzen (z.B. infolge eines Rehebschubs), welcher zu vermehrter Ausschüttung von Cortisol führt. Cortisol wiederum fördert die Insulinresistenz.

 

Diagnose:

 

Eine Diagnosestellung gestaltet sich als äußerst schwierig. Eine einmalige und ungezielte Bestimmung von Glukose- und / oder Insulinspiegeln im Blut ist weitgehend wertlos, daher wurden viele Testverfahren entwickelt und z.T. bereits wieder verworfen (z.B. Glukose Toleranz-Test, Combined Glucose-Insulin-Test (CGIT)).Bislang ist die Verdachtsdiagnose bei entsprechendem Body Condition Score (BCS) von 8-9 in Kombination mit Hufrehe trotz reduzierter Futteraufnahme möglich. Besonders ist hierbei auf Fettdepots am Nacken, an der Schulter und in der Kruppengegend sowie am Präputium zu achten. Trotz gutem Ernährungszustand ist die Bemuskelung unbefriedigend.

 

Therapie:

 

Bislang gibt es keine medikamentelle Therapiemöglichkeiten! Einzige Möglichkeit diese Erkrankung in den Griff zu bekommen ist eine dauerhafte Diätfütterung und ausreichende Bewegung.